Vergleichende Kognitionsbiologie

Vergleichende Kognitionsbiologie

Uns interessiert, wie der Verstand funktioniert und wie sich Gehirne durch Anpassung an ihre sozio-ökologischen Umgebungen entwickeln. Da wir uns insbesondere für die Evolution der Intelligenz, der komplexen Erkenntnis- und Nachahmungsfähigkeit (Gesangslernen) interessieren, verfolgen wir einen Vergleichsansatz mit einem Fokus auf Papageien (die Ordnung Psittaciformes) und Krähen (die Corvid-Familie). Diese beiden Vogel-Taxa stechen unter allen Vögeln (und - zusammen mit Primaten und Delphinen - unter allen Wirbeltieren) sowohl in Bezug auf die relative Hirngröße als auch auf die Neurondichte heraus und werden auch durch ihr plastisches Gesangslernen charakterisiert.

Unsere Forschung konzentriert sich auf drei Themen, nämlich I) Innovation und flexible Problemlösung, II) soziale Kognition mit Fokus auf Kooperation und III) mögliche Verknüpfungen der Fähigkeit zur Gesangsnachahmung und der Kognition. Diese werden im Sinne der ultimaten (adaptiven Funktion als auch evolutionäre Geschichte) und proximaten (Verursachung und Entwicklung) Ursachen untersucht.

Methodisch verwenden wir drei verschiedene Ansätze: a) detaillierte mechanistische Untersuchungen der kognitiven Fähigkeiten in ausgewählten Modellorganismen, b) umfassende systematisch-phylogenetische Vergleiche mit kognitiven Testbatterien und c) vergleichende ontogenetische Untersuchungen zur kognitiven Entwicklung.

Die beiden letzten Ansätze sind auf dem Fachgebiet der vergleichenden Kognitionsbiologie noch kaum erforscht. Diese werden durch eine Zusammenarbeit zwischen dem Max-Planck-Institut für Ornithologie und der Loro Parque Foundation (LPF) aus Teneriffa ermöglicht. Diese NGO beschäftigt sich mit der Erhaltung der Wildtiere, besitzt die größte Papageienkollektion der Welt und bietet daher unvergleichliche Möglichkeiten für Vergleichsstudien. Damit haben wir Zugang zu rund 4000 Papageienindividuen von 350 Unterarten, die überwiegend paarweise für Zuchtzwecke zusammenleben und ca. 1500 Papageienküken pro Jahr von verschiedenen Arten, die unter standardisierten Bedingungen aufgezogen werden.

Zusätzlich zu einem Corvid-Labor, welches mit dem Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen assoziiert ist, betreiben wir eine Forschungsstation in Zusammenarbeit mit und bereitgestellt von der LPF. Hier arbeiten wir mit vier Papageienarten, die es gewohnt sind, an komplexeren kognitiven Studien teilzunehmen, welche in der Zuchtstation nicht möglich wären. Sie wurden auf Touchscreens trainiert und interagieren mit Menschen und Artgenossen z.B. durch Tauschen von Spielsteinen. Nach dem Vorbild des Wolfgang-Köhler-Primatenforschungszentrums des Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Anthropologie, welches gemeinsam mit dem Zoo Leipzig in Deutschland geleitet wird, ist dieses Zentrum in den Tierpark Loro Parque integriert, so dass die Zoo-Besucher die Forschung live erleben können und über kognitive Wissenschaften und tierischer Intelligenz etwas lernen können.

Aktuelle Forschungsprojekte, die dem CCRG zugeordnet sind:

Soziales Lernen bei Rabenvögel (IMPRS PhD Projekt, Berenika Mioduszewska)

Kausale Kognition bei Papageien (IMPRS PhD Projekt, Laurence O'Neill)

Werkzeuginnovation in Neukaledonischen Krähen (gemeinsam betreutes PhD-Projekt, Magdalena Pelayo, Department für Kognitive Biologie, Universität Wien)

Werkzeugbezogene Kognition bei Kindern und Vögeln (co-betreutes PhD-Projekt, Samara Danel, Université Lumière Lyon 2)

Soziale Kognition in Nymphensittichen und Dohlen (co-betreutes PhD-Projekt, Agatha Lievin-Bazin, Université de Nanterre, Paris)

Prospektives Gedächtnis bei Delphinen und Papageien (Sara Torres Ortiz, IMPRS-Doktorandin)

Vokale und motorische Imitation bei Papageien (Esha Haldar: IMPRS-Doktorandin)

Zur Redakteursansicht