Irenäus Eibl-Eibesfeldt, Prof. Dr. phil. Dr. h. c. mult.
Am 2. Juni 2018 ist Prof. Dr. Irenäus Eibl-Eibesfeldt kurz vor seinem 90. Geburtstag im Kreise seiner Familie verstorben. Als Schüler des Nobelpreisträgers Konrad Lorenz reiste er schon im jungen Alter mit dem Meeresbiologen Hans Hass nach Galapagos, um dort mithilfe der UNESCO die ersten Natur- und Artenschutzprogramme einzurichten. Später wandte er sein Forschungsinteresse der evolutionären Biologie des menschlichen Wahrnehmens, Empfindens, Denkens und Verhaltens zu. Er ist der Gründer des Forschungszweiges Humanethologie und seit 1970 Leiter seiner eigenen Forschungsstelle. Ende der Achtziger Jahre gründete er mit seinem Schüler Dr. Karl Grammer überdies das Ludwig-Boltzmann-Institut für Stadtethologie in Wien. Mit seinem humanethologischem Filmarchiv und ein beeindruckendes Lebenswerk an Publikationen hinterlässt Irenäus Eibl-Eibesfeldt die weltgrößte kulturenvergleichende Filmdokumentation menschlichen Verhaltens. Ein Antrag auf Aufnahme in das Memory of the World Programm der UNESCO ist in Vorbereitung. Er ist Träger zahlreicher Preise und Auszeichnungen.
Curriculum vitae
* 15.6.1928 in Wien † 2.6.2018 in Starnberg-Söcking
1945-1949 |
Studium an der Universität Wien, 1949 Staatsprüfung (Naturgeschichte, Physik) und Promotion zum Dr. phil. (Zoologie, Botanik) |
1946-1949 |
Mitarbeiter der Biologischen Station Wilhelminenberg bei Wien (Leiter: Otto Koenig) |
1949-1950 |
Mitarbeiter am Institut für vergleichende Verhaltensforschung unter der Patronanz der Österr. Akademie der Wissenschaften, Altenberg, N.Ö. (Leiter: Prof. Dr. Konrad Lorenz) |
1951-1969 | Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie in Seewiesen (zuerst Forschungsstelle in Buldern, Westfalen, ab 1957 in Seewiesen, Bayern) |
1953-1954 | erste Xarifa-Expedition mit Prof. Dr. Hans Hass: Karibik, Galápagos |
1957 | Leiter der Unesco-IUCN Expedition zu den Galápagos-Inseln |
1957-1958 | zweite Xarifa-Expedition in den Indischen Ozean mit Prof. Dr. Hans Hass |
1957-1970 | Wissenschaftlicher Direktor des Internationalen Instituts für Submarine Forschung in Vaduz, Liechtenstein |
1961 | Gastprofessur am Department of Psychology, University of Chicago |
1963 | Habilitation an der Ludwig-Maximilians-Universität München |
1967 | erstes Lehrbuch zur Ethologie |
1967 | Gastprofessur am Institute for Child Development, University of Minnesota |
1970 | apl. Professor für Zoologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München |
1970 | Leiter einer Arbeitsgruppe für Humanethologie, die |
1975-1996 | zur selbständigen Forschungsstelle für Humanethologie in der Max-Planck-Gesellschaft erhoben wird (bis 1986 in Seewiesen, danach in Andechs), |
1984 | Lehrbuch zur Humanethologie |
1985-1993 | Präsident der International Society for Human Ethology |
seit 1992 | Gründung des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Stadtethologie in Wien, Direktor des Instituts |
1996-2014 | als Professor emeritus am Max-Planck-Institut für Ornithologie (Seewiesen und Andechs), Leiter des Humanethologischen Filmarchivs in der Max-Planck-Gesellschaft, Andechs |
seit 1997 | Mitglied des Humanwissenschaftlichen Zentrums (HWZ) der Ludwig-Maximilians-Universität München |
Nach zwanzig Jahren der Forschung im Rahmen der Tier-Ethologie und Marinebiologie begann Irenäus Eibl-Eibesfeldt in den 1960er Jahren mit Forschungen zu menschlichem Verhalten. Seine Studien mit taub und blind Geborenen und sein kulturvergleichendes Forschungsprogramm zu menschlichem Verhalten trugen entscheidend zur Etablierung der Humanethologie als selbständigem Forschungszweig bei.
Im Rahmen eines Langzeitprojektes zur Erforschung von Universalien dokumentierte er in Film und Ton ungestellte soziale Interaktionen des Alltags, Rituale und andere Aktivitäten von Menschen in verschiedenen Kulturen, die er in regelmäßigen Abständen, zum Teil über einen Zeitraum von dreißig Jahren und länger besuchte: die Kalahari-Buschleute (!Ko, G/wi und !Kung, Botswana), die Himba (Namibia), die Yanomami (Oberer Orinoko, Südamerika), die Eipo (Neuguinea/Westirian), die Trobriander, u.a. Die Dokumentation dieser bis heute fortgeführten Forschungen beherbergt das Humanethologische Filmarchiv in der Max-Planck-Gesellschaft in Andechs.